In diesen Tagen erfuhr ich große Wertschätzung, als mich die Regierungschefin der Republik Litauen, Ingrida Šimonytė, zu einem Gedankenaustausch in ihrem Amtssitz in Vilnius empfing. Dass sie sich bei ihrem vollen Terminkalender eine ganze Stunde Zeit nahm, ist schon außergewöhnlich, gab uns zugleich aber auch die Möglichkeit, alle aktuellen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik in der Region und weltweit zu besprechen. Ich bin beeindruckt von ihrer entscheidungsfreudigen Politik und der Klarheit ihrer Konzepte. Litauen unterstützt – gemeinsam mit Estland und Lettland – seit Beginn massiv die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen den brutalen Angriffskrieg Putins.Was sie haben, schicken sie ihnen, was sie können, machen sie und zwar immer sehr schnell. Premierministerin Šimonytė und ich würdigten die Entscheidung des Verteidigungsministers Boris Pistorius, sobald als möglich eine Brigade deutscher Soldaten permanent in Litauen zu stationieren. Mit der Entsendung von 4000 Soldatinnen und Soldaten und deren Familien sieht Putin, dass Deutschland und die NATO es ernst meinen. Das Signal ist klar, dass im Falle eines Angriffs Russlands gegen einen NATO-Staat dies den Bündnisfall für alle auslöst. Ich selbst zähle zu denjenigen, die eine rasche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern fordern, um die Ukraine in die Lage zu versetzen, sich effektiv gegen die brutalen russischen Angriffe zur Wehr setzen zu können. Jedes Zuwarten kostet Menschenleben. Unmittelbar nach meiner Ankunft in Vilnius wurde ich vom Deutschen Botschafter Dr. Cornelius Zimmermann empfangen, der erst einen Tag zuvor mit seinem Antrittsbesuch bei Staatspräsident Nausėda sein Amt übernommen hatte. Weiterer Höhepunkt meines Aufenthaltes in Vilnius war meine Rede anlässlich der Eröffnung des Neuen Akademischen Jahres an der Mykolas Romeris University (MRU). Im Rahmen eines Festaktes, an dem auch der ehemalige Präsident Litauens, Prof. Vytautas Landsbergis, die Ministerin für Wirtschaft und Innovation und der Bürgermeister von Vilnius teilnahmen, appellierte ich an die Studierenden, ihre Chancen zu einer großartigen Ausbildung zu nutzen. Im Anschluss überreichte ich zusammen mit der Rektorin Prof. Dr. Inga Žalėnienė und Prof. Virgis Valentinavičius die Preise an drei Studierende, die in diesem Jahr erfolgreich an der Ausschreibung meiner Friedenstiftung an der MRU teilgenommen hatten. Dies waren Andra Mažrimaitė (3. Preis), Volodymir Tsybka, Ukraine (2. Preis) und Vilius Lapis (1. Preis). Vor meiner Rückreise traf ich mich erneut mitSwetlana Tichanovskaja, der Ikone des politischen Widerstandes in Belarus. Ich gehöre zu den Menschen, die sie als einer der Ersten nach der brutalen Niederschlagung des Widerstandes in Belarus und ihrer Flucht nach Litauen aufgesucht hatten; inzwischen sind wir freundschaftlich verbunden. Ich habe Swetlana Tichanovskaja nach Heidelberg eingeladen. Sie ist eine bemerkenswerte, couragierte Frau. Ich möchte sie eines Tages in ihrer Heimat besuchen, wenn Belarus ein freies, demokratisches Land ist. Vorher möchte ich sie in Heidelberg willkommen heißen. Ich denke, dass sie kommt, sobald ihre Reisen durch die ganze Welt dies zulassen.